Das Perfetti-Konzept in der Praxis für Ergotherapie in Nufringen 

Ziel der Therapie nach Perfetti ist die Reorganisation des Nervensystems, das sich nach Einwirken einer Schädigung in einem pathologischen Zustand befindet. Die Reorganisation des Systems findet zuerst im Gehirn statt und führt letztlich zu einer Veränderung im Bereich der Muskelkontraktionen. Die Patientinnen und Patienten sollen Strategien erlernen, die es ihnen erlauben, wieder so normal wie möglich zu handeln und physiologisch bestmögliche Bewegungen auszuführen. 

Basis des Konzepts der kognitiv-therapeutischen Übungen von Perfetti ist eine systemische Anschauungsweise, nach der der Mensch als komplexes System verstanden wird. Dies bedeutet, dass menschliche Fähigkeiten wie Bewegung, Wahrnehmung und kognitive Leistungen nicht isoliert betrachtet und behandelt werden dürfen – sie bilden vielmehr eine funktionelle Einheit. Eine therapeutisch geführte Reorganisation anzustreben heißt, gezielte Veränderungen des Systems hervorzurufen. Diese Prozesse basieren auf den Plastizitätseigenschaften des Nervensystems. Der Begriff Plastizität bezieht sich auf die Möglichkeit der Nervenzellen, ihre Interaktion miteinander zu verändern. Damit wird den Menschen eine enorme Breite von Erfahrungen und Wahrnehmungen möglich: Alles, was wir lernen, fühlen, erinnern und tun, ist das Ergebnis solcher Interaktionen. Die neurologische Rehabilitation wird als Lernen unter pathologischen Bedingungen definiert. 

Die Wahrnehmung stellt einen wichtigen Teil der Bewegung dar. Bei der Bewegung bildet die Muskelkontraktionen die letzte Stufe – um sie zu erreichen, regt man mithilfe einer gezielten Aufmerksamkeit die kognitiven Prozesse an. Durch aktive Prozesse lernen die Patientinnen und Patienten, die Komponenten der sogenannten Spastizität eigenständig zu kontrollieren bzw. gar nicht erst entstehen zu lassen. 

Für welche Krankheitsbilder kommt eine Behandlung nach dem Perfetti-Konzept infrage? 

Die kognitiv-therapeutischen Übungen können bei neurologischen Erkrankungen z.B. nach Schlaganfall, Schädelhirntrauma, MS und Gehirntumoren, aber auch bei Morbus Parkinson sowie bei orthopädisch-traumatologischen Erkrankungen angewandt werden. 

Die Reorganisation des Systems soll durch die Aktivierung programmierter Lernprozesse geschehen, was aktive Denkprozesse der Betroffenen erfordert. Ohne Aufmerksamkeit ist dies nicht möglich, daher ist eine aktive und gerichtete Aufmerksamkeit der Patientinnen/Patienten von zentraler Bedeutung. 

Die Patientinnen/Patienten nehmen durch den Einsatz ihrer Rezeptoren (z.B. Finger) Informationen auf, die zur Lösung sensomotorischer Probleme eingesetzt werden. Wesentlich ist dabei, dass die Betroffenen im Rahmen eines gestellten Problems überprüfen sollen, ob Erwartungen (perzeptive Hypothesen) verglichen mit dem tatsächlichen Erreichen zu einer Lösung des Problems führen. 

Die Patientin/der Patient soll lernen, anstelle des fazilitierenden oder inhibierenden therapeutischen Eingriffs selbst Denkprozesse einzusetzen, um die pathologischen Elemente eigenständig zu kontrollieren. 

Spezifische motorische Pathologie von Menschen mit Hemiplegie (sog. Spastizität) 

Nach Perfetti ist der Begriff der Spastizität für eine zielgerichtete und effektive Behandlung motorischer Defizite zu unspezifisch. Wesentlich ist, dass nicht die Spastizität, sondern die dazu führenden pathologischen Elemente behandelt werden.  

Wie bei allen Therapien wird zuerst ein Befund erhoben. Neben den physischen Defiziten spielen auch die neuropsychologischen Probleme eine Rolle. Mit einer speziellen Befunderhebung werden sensomotorische Defizite und mögliche Sensibilitätseinschränkungen genaustens beurteilt. Auf der Grundlage dieser Beurteilung wird eine Prognose samt Endziel erstellt. Die funktionell formulierte Prognose sagt aus, welche motorischen Fähigkeiten die Patientin/der Patient (ohne pathologische Elemente) erlangen soll und wie diese ausgeführt werden sollen (z.B.: normale Geschwindigkeit, Flüssigkeit der Bewegung, verlangsamt etc.). Die Prognose ist Ziel und roter Faden unserer Therapie. Nur so kann festgestellt werden, ob wir mit den Übungen richtig liegen oder einen falschen Ansatz verfolgen. Nach vier bis sechs Wochen muss das klar und deutlich formulierte Endziel überprüft werden. Dazu dienen vorher festgesetzte Zwischenziele. Sie bilden die Etappen, die notwendig sind, um das Endziel zu erreichen.


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